Dienstag, 17. April 2007

Über die Gefangennahme der britischen Soldaten in Arvandrud (Shat al arab)

Reza Azizi Nejad

Über die Gefangennahme der britischen Soldaten in Arvandrud (Shat al arab)


Das Regime in Teheran hält seit einigen Tagen 15 britische Matrosen und Soldaten fest. Mich haben die heftigen Reaktionen der Europäer verwundert.
Abgesehen davon ob die Briten wirklich ins Hoheitsgebiet Irans eingedrungen waren oder nicht, verurteilen alle demokratisch denkende Iraner/innen die menschenverachtende Vorführung der Gefangenen. Die Grenzen in dieser schwierigen Region sind durch den Vertrag von 1975 geklärt. Dafür musste man eine unabhängige Instanz für die Aufklärung beauftragen.

Die iranische Opposition im Exil berichtet seit Jahren darüber, dass Journalisten, Studenten und Aktivisten der Frauenbewegung systematisch drangsaliert und unter ausgedachten und abenteuerlichen Anschuldigungen ohne Recht auf Verteidigung gefangen genommen werden. Man steckt sogar die Anwälte die sich trauen die Verteidigung solcher „schwierigen“ Fälle zu übernehmen ins Gefängnis. Vielen der Andersdenkenden wird es nahe gelegt, als Gegenleistung zu baldigem Freikommen, in einem inszenierten TV-Show sich zu ihrer „Schuld“ zu bekennen und sogar um das ganze abzurunden ihre Beziehung zu ausländischen Mächte zuzugeben. Den meisten bleibt keine andere Wahl, als auf diesen Deal einzugehen. Deshalb ist uns Iranern diese Art der „TV-Beichte“ mit Regieführung des Geheimdienstes nicht fremd.
Was mich als interessierter Beobachter sehr verwundert hat, ist die heftige Reaktion der Europäischen Union diesbezüglich. Warum reagiert die europäische Union nicht unisono auf die täglichen Menschenrechtsverletzungen im Iran?
Menschenrecht ist ein Universalrecht und kein westlicher Privileg.
Wer kann uns das glaubhaft erklären? Ist das nicht die berühmte Doppelmoral?
Den britischen Gefangenen geht es verhältnismäßig blendend. Sie wurden weder gefoltert, noch beleidigt, noch gedemütigt. Man weiß dass sie irgendwann mal heil wieder raus kommen. Diese Hoffnung haben viele meine Landsleute nicht.


Ich möchte an dieser Stelle die Diskussion weiter ausbauen um klar zu stellen dass ich als ein säkularer Demokrat, der an die Werte, die das Leben in diesem Lande bestimmen glaubt und sie auch auslebt, ein Problem damit habe, wenn Iran gleich gesetzt wird mit Islamismus, mit Ahmadinezhad und mit dem Regime der Mullahs. Sogar die Bushadministration hat dies rechtzeitig begriffen und handelt auch danach. Diese Erkenntnis hat sich scheinbar noch nicht in old europe durchgesetzt. Meine Wenigkeit und viele, die wie ich denken, sind mit jeder Zelle unseres Körpers gegen dieses Regime, tolerieren aber gleichzeitig eine Verletzung der territorialen Souveränität Irans nicht, unabhängig davon wer gerade über Iran herrscht, denn eins was dieses alte Volk gelernt hat, ist die Tatsache, dass Dynastien, Despoten, Mullahs, und Regierungen kommen und gehen, der Iran aber bleibt! Diese Tatsache erlebt die iranische Seele seit mehr als 2500 Jahren.
Wenn ein Journalisten Kollege in seiner Berichterstattung „versehentlich“ statt persischer Golf den fantasierten begriff „Arabischer Golf“ verwendet und gleich mit Protest-Emails der Iraner überschüttet wird, dann aus dem Bedürfnis heraus, eine Identität zu schützen, die auf 7000 Jahren Zivilisation zurückblickt, unabhängig davon durch wen das Land momentan regiert wird.




Das Bekennen zum Iran und seiner Vergangenheit, mit all seinen Höhen und Tiefen, Verteidigung der territorialen Souveränität, das Bekämpfen der separatistischen Bewegungen werden auch unabhängig von Mullahs existieren und sind als Indiz der Sympathie mit Mullahs nicht brauchbar.
Ich sehe jedoch den geschilderten roten Faden quer durch alle Medien und bedauere es zutiefst, dass es so wenig Wissen über eine der erfolgreichsten Minderheiten dieser Gesellschaft herrscht.
Es wird wenig über den unermüdlichen täglichen Kampf der Lehrer, Arbeiter, Studenten und Frauenaktivisten berichtet. Dafür wird nach billigem Muster ein Held und ein Antiheld aufgebaut.
Genauso wenig wie man über die Leute innerhalb Irans weißt, mindestens genauso wenig weißt man über die Opposition, deren Mitglieder zum Teil seit Jahrzehnten hier leben und sich politisch engagieren.
Die deutsche Politik hat bis jetzt so gut wie gar nicht auf die iranische Opposition zugegangen. Man kennt bloß die Volksmojaheddin, die weder bei der Opposition selbst, noch beim Volk Akzeptanz genießen. Die Politik lässt das Potential der Opposition ungenutzt, womit man eventuell Einfluss auf das Geschehen im Iran nehmen könnte. Auch bei den Medien, sieht man immer wieder dieselben bekannten Gesichter, die seit Jahren Lobbyarbeit für ihre Grüppchen leisten und die Ratsuchenden noch mehr verwirren.
Dabei nähern sich die Oppositionsgruppen im Ausland einander seit Jahren, wo man an ein allumfassendes Konzept arbeitet, um die Anstrengungen zur Errichtung einer zivilen Gesellschaft und eines Rechtsstaats im Iran, wovon übrigens alle, auch Europäer profitieren werden, zu bündeln.
Was wir, die für Rechtstaatlichkeit und Menschrechte im Iran kämpfen, unseren Freunden in Europa klar zu machen versuchen, ist dass das Regime, das die rückständigste und dunkelste religiöse Kräfte repräsentiert, nicht gleich zu setzen ist mit dem iranischen Volk, dass laut Umfragen Amerikafreundlichste Volk im nahen Osten ist und den Errungenschaften des Westen am offensten gegenüber steht.
Gleichzeitig hat Iran berechtigte Ansprüche, die als Großmacht in dieser Region zu respektieren sind. Das Problem Irans ist nicht die Atombombe, sondern die tägliche Diskriminierung von Frauen, Einschränkung der individuellen Freiheiten, das nicht vorhanden sein von Pressefreiheit und eine Verfassung die erst den Weg zu all diesen Missständen ebnet. Eine vorhandene Rechtstattlichkeit und kritische presse hätten es nie dazu kommen lassen, dass bestimmte Kräfte seit Jahren an einem geheimen Projekt wie die Nuklearenergie arbeiten. Eine starke Opposition hätte es zu verhindern gewusst.
Statt Milliarden in abenteuerlichen Militäraktionen zu investieren, die das Vertrauen der Iraner und vieler anderen Völker in der Region für Jahrzehnte vernichten wird, sollte der Westen beim Aufbau einer tragende Opposition mithelfen, die Iran frei von Ideologien und Dogmen wieder in die Weltgemeinschaft zurück bringen wird.

02.04.2007
Reza Azizi Nejad

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